Donnerstag, 15. Mai 2014

Initiative für die Verteidigung der Menschlichkeit e.V.

Eine Internetseite  www.kindertransporthilfe-des-bundes.de hat für große Resonanz in der Öffentlichkeit gesorgt. Mit Briefkopf des BMFSFJ, schwarz-rot-goldenem Band im Titel und einem Aufruf von Bundesfamilienminísterin Manuela Schwesig (mit Unterschriftsfaksimile) wird da erklärt, die Bundesrepublik sei bereit, 55.000 Kinder aus Syrien befristet aufzuehmen. Historischer Bezug sind die Kindertransporte 1938/1939 nach England, die etwa 10.000 jüdischen Kindern das Leben gerettet haben.
Ausdrücklich geht es in dieser Aktion nicht um Adoption, sondern um 'befristete Vollzeitpflege' - längstens bis zum Ende des Bürgerkriegs. Die Seite klärt über die rechtlichen Voraussetzungen einer solchen Pflegschaft auf und hält sogar Antragsformulare bereit.
Über die Legitimität einer solchen Aktion - denn die Seite stammt mitnichten vom Ministerium - wird seit dem Schritt in die Öffentlichkeit gestritten.Den Autoren (das Impressum verzeichnet eine 'Initiative für die Verteidigung der Menschlichkeit e.V' als verantwortlich) wird z.B. Zynismus vorgeworfen - ein Fake auf dem Rücken der Opfer. Dass die abgebildeten Kinder für politische Ziele instrumentalisiert werden, die sie gar nicht ermessen können, vielleicht mit falschen Hoffnungen zu diesen Fotos verleitet. Allerdings lässt sich auch fragen, wo der größere Zynismus liegt - vielleicht ja doch beim Wegschauen, beim Schließen der Grenzen, bei der Versagung möglicher Hilfe. Und wer sagt denn, dass die Initiative ganz ohne Erfolg bleibt?
Dabei wäre es wirklich spannend, wie viele Menschen zur Aufnahme eines solchen Kindes bereit wären. Erinnerungen tauchen auf - etwa an die Initative 'Den Winter überleben' , wo sich Privatpersonen ab 1992 bereiterklärt haben, Flüchtlinge aus Bosnien aufzunehmen. Später wurde sie umbenannt in 'Den Krieg überleben' - denn nach diesem ersten Winter waren Krieg und Not längst nicht vorbei. Immerhin etwa 8500 Menschen sind damals in Deutschland bei Privatleuten untergekommen. Ein Beitrag in der TAZ  zieht die naheliegende Parallele zur Situation der syrischen Flüchtlinge.
Warum sollte ein solches zivilgesellschaftliches Engagement nicht wieder möglich sein? Eigentlich ist es enttäuschend, dass der Aufruf der Ministerin nicht echt ist. Aber nun ist der Appell in der Welt, und wer weiß - manchmal sind vielleicht auch List und Lüge nötig, um Wahrheiten überhaupt erst wahrnehmbar zu machen.