Samstag, 24. August 2013

Adoptionen aus Äthiopien im Jahr 2013

Wer vor vier Jahren mit offenen Augen durch Addis Abeba spazierte, sah überall Adoptivfamilien. Insbesondere amerikanische Eltern mit äthiopischen Babies und Kleinkindern bevölkerten das National Museum, das Blue Tops Restaurant und die großen internationalen Hotels. Abends auf dem Flughafen sah man ein Dutzend oder mehr Familien abreisen. Auf der Straße wurden sie begrüßt und Äthiopier bedankten sich bei ihnen, dass sie sich ihrer Kinder annehmen. Heute ist das Straßenbild ganz anders.

Man sieht in den typischen Touristenorten noch vereinzelt Adoptivfamilien. Amerikanische Familien sind jedoch weit und breit nicht zu sehen. Äthiopier geben Europäer den Tipp im Gespräch deutlich zu machen, dass man kein US-Amerikaner sei. Die Stimmung auf der Straße hat sich gedreht: Antiamerikanismus ist stark ausgeprägt wie auch eine Abneigung gegen internationale Adoptionen. Mitarbeiter von Vermittlungsstellen werden mit Vorwürfen konfrontiert am Kinderhandel gut zu verdienen. Die amerikanischen Vermittlungsstellen haben ihre Mitarbeiter sehr gut bezahlt und mit großen Autos ausgestattet. Manche Mitarbeiter von (amerikanischen) Adoptionsagenturen sind in kurzer Zeit sehr wohlhabend geworden. Die Äthiopier nehmen diese Entwicklung wahr und wissen, dass dort nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Zudem sind die Vorfälle in den USA - wie das Gerichtsverfahren gegen die Adoptiveltern von Hana Williams - in Äthiopien bekannt. Ebenso das Schicksal von Masha und der Film Mercy, Mercy.

Die meisten Vermittlungsstellen sind auf dem Rückzug. Zwei große amerikanische Agenturen haben ihre Büros geschlossen und eine Reihe von europäischen haben ihre Vermittlungen reduziert. Die neuen Vorschriften zum Gerichtsverfahren sowie die Schließung von Transitheimen und staatlichen Kinderheimen hat die Zahl der adoptierbaren Kindern deutlich reduziert. Als Folge steigt der Preis, den einige Heime für die Vermittlung von Kindern erwarten. Statt einer Unkostenpauschale für die Heimunterbringung werden hohe Summen für einzelne Kinder verlangt. Die Vermittlungsstellen, die solche Praktiken ablehnen, bekommen in der Tendenz keine Kinder mehr vermittelt oder nur solche, die niemand sonst will. Nach Auskunft einiger Beteiligter hat durch die stärkere Regulierung die Korruption eher zu- als abgenommen. Von einer möglichen Ratifizierung und Umsetzung der Haager Konvention ist nichts zu spüren. Die äthiopische Regierung will das Thema Adoption eher zurückfahren als durch weitere gesetzliche Maßnahmen neu aufwerten. Weder will man den Antiamerikanismus weiter schüren noch will man die Aufmerksamkeit neu auf Adoptionen richten. Politische Konsolidierung und ausländische Investitionen stehen im Mittelpunkt der Politik. Wirtschaftliche Entwicklung soll die Abgabe elternloser Kinder überflüssig machen.

Dass es jedoch weiterhin eine große und zunehmende Zahl elternloser Kinder gibt, ist auch offensichtlich. Die Lage der Landbevölkerung hat sich in den letzten Jahren kaum verbessert. Kinder verlassen ihre Dörfer und Eltern, weil die Familie auseinanderbricht oder das Land schlicht nicht genug zum Überleben der Familie bietet. Sie schlagen sich nach Addis Abeba durch, wo sie auf der Straße landen. Mitarbeiter von Straßenkinderprojekte berichten, dass die Rückführung der Kinder in ihre Familien oft unmöglich ist, da sie dort nicht bleiben können oder wollen. Nur eine finanzielle Unterstützung der Familien kann das in einigen Fällen ändern. Die Not dieser elternloser Kinder ist groß. Eine Organisation, die sich ihrer annimmt, ist Hope for the Hopeless, die wir an dieser Stelle empfehlen möchten.