Sonntag, 28. April 2013

Postkolonialismus

Internationalen Adoptionen wird häufig vorgeworfen in den Spuren des Kolonialismus zu wandeln. Früher wurden Afrikaner versklavt, heute werden ihre Kinder auf dem Markt der internationalen Adoption verkauft. Wenn das Kindeswohl nicht im Mittelpunkt steht, verliert die Institution der Internationalen Adoption schnell seine Legitimation.

Allerdings kann das Pendel auch in die andere Richtung ausschlagen. Gegner Internationaler Adoptionen nutzen Skandale, um ihre Positionen weiter zu bringen und führen auf dem Rücken Betroffener ihre Kampagnen durch. So kann man die neue Kampagne von ACT (Against Child Trafficking) auch sehen. Sie nahmen den Film Mercy, Mercy zum Anlass nach Äthiopien zu reisen, um Mashos Eltern zu besuchen und ihnen eine Reise nach Dänemark zu versprechen. Darüber hinaus wollen sie weitere 10 bis 20 äthiopische Mütter nach Dänemark bringen, um im dänischen Parlament über ihre Erfahrungen zu berichten.

Auf der website heißt es:
ACT has met so many mothers in Ethiopia who lost their children. Their heartbreaking stories are stuck in our minds. Yet, authorities deny wrong doing.
By bringing the Ethiopian mothers to the country that took their children, a strong impact can be made. It may prevent further injustice.
It also might be a beginning of reconnecting these mothers with their lost children.
 
Eine solche Reise wäre in vielen Fällen - nicht nur im Fall Masho - sinnvoll. Es wäre gut und positiv, wenn äthiopische Eltern (warum nur Mütter?) erleben würden, wie ihre Kinder im Ausland leben. Es ist auch positiv, wenn sie im Parlament oder bei der Vermittlungsstelle darüber berichten können, dass sie nicht wussten, dass sie ihre Kinder wahrscheinlich nie mehr wieder sehen würden. Dass viele Unterschriften unter Dokumente gesetzt wurden, die sie nicht verstanden. Das würde die Einstellung von Politik und Vermittlungsstellen zu den Verfahren der Internationalen Adoption nachhaltig verändern.

Man sollte in der Tat Besuche von äthiopischen Verwandten in den Ländern, in denen die Kinder heute leben, begrüßen und aktiv unterstützen. Kontakt zur leiblichen Familie ist der beste Weg Korruption und Lügen im Adoptionsprozess zu verhindern.

Das alles ist eine großartige Idee. Und es wäre wünscheswert, wenn das dänische Sozialministerium und die dänische Vermittlungsstelle sich der Sache annehmen. Und ACT sollte es dem Ministerium vorschlagen. Aber sie sollten es nicht selbst organisieren. ACT ist eine Antiadoptionskampagne. Ihr muss es primär um den Medieneffekt und den politischen Druck gehen, den dies mit sich bringt. Adoptiveltern können sich nicht positiv mit den leiblichen Eltern ihrer Kinder treffen, wenn sie dabei und dadurch auf die mediale Anklagebank gesetzt werden. Es geht daher nicht um die Familienzusammenführung, nicht um die Mütter oder die Kinder. Sondern um Fotos und Berichterstattung. Bei jeder Aktion von ACT ist die Kamera mit dabei. Das kann im Sinne der Kampagne sein; im Sinne der Betroffenen ist es meistens nicht.

Donnerstag, 25. April 2013

Eine Adoption aus Uganda


Ein Film auf Youtube macht derzeit die Runde, in der über eine Adoption aus Uganda berichtet wird. Eine arme Familie wird von einem Familienmitglied angesprochen, ob sie nicht eines ihrer Kinder nach Amerika schicken möchte. Das Kind würde dort zur Schule gehen und der Familie würde geholfen. Die Eltern stimmen zu und sind sogar bereit, bei der Fälschung einer Sterbeurkunde mitzuwirken, weil in Uganda nur Voll- und Halbwaisen adoptiert werden können. Als später weder Hilfe noch eine Nachricht von dem Jungen kommen, kommen der Familie Zweifel und sie fechten die Adoption an.

In dem Beitrag werden die ethischen, rechtlichen und sozialen Dilemmata deutlich: die soziale Dynamik in dem ugandischen Dorf, das die Mutter unter Druck setzt der Adoption zuzustimmen; die fehlende Verantwortungsbereitschaft des eingeschalteten Anwalts; die falschen Hoffnungen und Vorstellungen der Familienmitglieder sowie die Rolle der Armut der Familie. Er zeigt auch, dass Gesetze alleine nicht ausreichen, sondern dass diese auch gegen windige Geschäftemacher durchgesetzt werden müssen. Leider wird die Sicht der Adoptiveltern auf den Fall nicht dargestellt.



 http://www.youtube.com/watch?v=yEeDL70WKOA

In den USA



Der Streit um die Todesurkunde


http://www.youtube.com/watch?v=kTy6vtcxMgY


Wie weiter
http://www.youtube.com/watch?v=K1nC7dPaiOE

Sonntag, 21. April 2013

Äthiopische Adoptierte lässt Adoption widerrufen

Bereits im Februar berichtete Voice of America über eine in die Niederlande adoptierte Äthiopierin, die ihre Adoption widerrufen ließ. Betty Lub wurde im Alter von 7 Jahren von einer holländischen Familie über die Vermittlungsstelle Wereldkinderen adoptiert. Ihre Vermittlungsakte enthielt eine ganze Reihe falscher Angaben u.a. dass ihre Eltern verstorben seien. Die Adoption in den Niederlanden scheiterte und Betty versucht seitdem ihre Adoption zu widerrufen. Nach dem Gerichtsprozess in Äthiopien will sie nun versuchen, auch in den Niederlanden die Adoption zu annullieren.  Es ist der erste Fall in Äthiopien, in dem eine Adoption widerrufen wurde.



In this photo made available by Loes Zuidervaart, Betty Lub's current foster parent, the 14-year-old Ethiopian girl shares her court victory against her adoptive Dutch parents with her current foster mother in Addis Ababa, February 9, 2012.
In this photo made available by Loes Zuidervaart, Betty Lub's current foster parent, the 14-year-old Ethiopian girl shares her court victory against her adoptive Dutch parents with her current foster mother in Addis Ababa, February 9, 2012.
 

Dienstag, 16. April 2013

Deutlich weniger Vermittlungen von Kindern aus Afrika nach Deutschland

In einem Beitrag der Augsburger Allgemeine vom 3. April macht die Geschäftsführerin der Vermittlungsstelle "Eltern für Afrika" Judith Marz Angaben über die Zahlen der vermittelten Kinder.

2009 hatte die Fachstelle für internationale Adoptionen mehr als 50 Kinder aus Äthiopien, Kenia und Mali nach Deutschland vermittelt, 2012 waren es nur halb so viele.

Dienstag, 9. April 2013

Bericht über "Kindersucher" in äthiopischen Kinderheimen


Ein Artikel in der dänischen Copenhagen Post vom 8. April 2013 berichtet über "Kindersucher" von Enat Alem. Enat Alem ist das Kinderheim, mit dem die dänische Vermittlungsstelle DanAdopt kooperierte. Die Kooperation wurde nach der Ausstrahlung des Films "Mercy, Mercy" aufgekündigt. Mittlerweile hat die dänische Regierung Adoptionen aus Äthiopien gänzlich gestoppt.

"Kindersucher" sind Angestellte von Vermittlungsstellen oder Heimen, die für ein Vermittlungshonorar Kinder für Auslandsadoptionen akquirieren. Dabei wird den leiblichen Eltern oftmals ein falsches Bild von Adoptionen vermittelt; z.B. dass die Kinder nur zu Ausbildungszwecken ins Ausland entsandt werden und später zurück kommen. Ein australischer Fernsehbericht, der eine Kindersucherin einer amerikanischen Vermittlungsstelle im Süden Äthiopiens zeigte, hatte im Jahr 2009 die kritische Berichterstattung über Adoptionen aus Äthiopien ausgelöst. Die amerikanische Vermittlungsstelle ist mittlerweile in Konkurs.
 

The Copenhagen Post

Ethiopian orphanage used ‘child harvesters’ to find children

Ray Weaver
 

DanAdopt’s closed orphanage used an intermediary to convince families to put their children up for adoption
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This woman said she had no idea her children would never return when she allowed them to be adopted in Denmark (Screen Shot: DR/ 21 Søndag)
 
Adoptions from the the Enat Alem orphanage in Ethiopia were recently halted by the social and integration minister, Karen Hækkerup (Socialdemokraterne), based on reports of children being deprived of food, basic care and medical treatment at the facility. Now new reports have surfaced that the home used ‘child harvesters’ to lure local families into putting their children up for adoption at Enat Alem in violation of the Hague Conventions.

A local man, Gimma Kebele, told the DR News programme '21 Søndag' that he worked at Enat Alem and that, along with his duties as a night watchman, he went around local villages visiting families in an attempt to persuade them to put their children up for adoption. Kebele says that he has been involved in 145 adoptions at Enat Alem.

According to local authorities, Kebele received a reward for collecting the children that was quite lucrative by Ethiopian standards. He was allegedly paid between 75 and 110 Danish kroner for each child he brought to the home. By comparison, his monthly salary as a guard at the orphanage was about 150 kroner.

A local official said that many parents who were seeking a chance at a better life for their children never fully understood that they would most likely never see them again after agreeing to an adoption through Enat Alem.

“They did not know what the separation meant because they were pressured and tricked and promised many things,” the official told '21 Søndag'. Other sources have said that biological parents were told that their children would receive excellent educations and then be sent back to Ethiopia to help their biological families.

"I am completely shaken," Steen Andersen, the general secretary of UNICEF Denmark, told '21 Søndag'. "This is unethical and illegal. These children are not orphans, and many of these women belive that their children are going on an extended holiday in Denmark."

Records show that 21 children have come to Denmark from Enat Alem via DanAdopt since 2009. The agency said that it had no knowledge that the the orphanage used child harvesters. This past weekend, DanAdopt sent a letter to the parents on the waiting list for Ethiopian children in Denmark, saying that the moratorium on adoptions from Ethiopia was "temporary". The letter goes on to say that there have been no problems with Danish adoptions from Ethiopia since 2009 and that they had not been allowed to see '21 Søndag' before it was aired in order to verify its claims.
Kebele denied that he was paid to find children for adoption and said that he was simply doing outreach work in order to assist poor families. Soliciting children for adoption for profit is punishable by imprisonment in Ethiopia.

The letter from DanAdopt to parents waiting for a child from Ethiopia is here, in Danish.

Mittwoch, 3. April 2013

Prostitution oder Abschiebung? Aufruf von Terre des Femmes

10.000 bis 30.000 Mädchen und Frauen werden jährlich zur sexuellen Ausbeutung nach Deutschland verschleppt.
Derzeit werden Frauen, die sich aus der Zwangsprostitution befreien konnten, rechtlich als illegal eingereiste Ausländerinnen behandelt. Nur, wenn sie gegen die Täter aussagen, dürfen sie unter Umständen während des Strafverfahrens in Deutschland bleiben. Obwohl sie sich durch die Aussage einem hohen persönlichen Risiko aussetzen, werden sie nach Beendigung des Verfahrens abgeschoben.
Bis zum 6. April muss die deutsche Bundesregierung eine EU-Richtlinie, die den Opferschutz von Menschenhandel regelt, umsetzen. Dies bietet der Bundesregierung die Chance, ihre Versäumnisse im Bereich Opferschutz auszuräumen und eine Verbesserung der aufenthaltsrechtlichen Situation für Betroffene von Menschenhandel zu erwirken.
Mein Name ist Christa Stolle und ich leite die Organisation TERRE DES FEMMES in Deutschland. Um die Rechte der Opfer zu stärken, haben wir eine Petition an Innenminister Friedrich auf Change.org gestartet, die die Verbesserung des Aufenthaltsrechts für Opfer von Zwangsprostitution fordert.
In Italien hat sich im Bereich Opferschutz viel getan. Das „italienische Modell“ entkoppelt das Aufenthaltsrecht der Betroffenen von ihrer Aussagebereitschaft in einem Strafverfahren. Für das Opfer besteht eine realistische Chance, einen unbefristeten Aufenthaltstitel zu erhalten.
Unsere Forderungen an den Bundesinnenminister: Frauen, die es geschafft haben, aus ihrer Zwangslage zu fliehen, sind schwer traumatisiert und benötigen dringend Hilfe. Ihnen muss aus humanitären Gründen ein unbefristeter Aufenthaltstitel in Deutschland erteilt werden, ohne den Zwang vor Gericht aussagen zu müssen. Zudem muss Betroffenen geeignete Betreuung und Entschädigung garantiert werden.
Unser Ziel ist es, 30.000 Unterschriften zu sammeln, damit möglichst viele Menschen den Bundesinnenminister auffordern, sich für die Einführung eines unbefristeten Aufenthaltstitels einzusetzen.
Bis zum 6. April muss Deutschland, eine EU-Richtlinie zum Opferschutz für Betroffenen von Menschenhandel umsetzen. Mit dieser Petition setzen wir uns dafür ein, dass unsere Forderungen in der Umsetzung berücksichtigt werden.
Vielen Dank für Ihre Stimme,
Christa Stolle, Vorsitzende TERRE DES FEMMES