Freitag, 29. Juni 2012

Australien schließt Adoptionsprogramm mit Äthiopien

Die amerikanische Elternorganisation PEAR berichtet, dass die australische Regierung ihr äthiopisches Adoptionsprogramm am 28.06.2012 geschlossen hat. Sie gibt als Begründung die andauernde Unsicherheit, Komplexität und Unvorhersehbarkeit der Situation in Äthiopien an.

Closure of Ethiopia Program - June 2012
Current as at – 28 June 2012
Key points:

  • Australia has closed its intercountry adoption program with Ethiopia, following several years of issues with the Program, a suspension of all adoptions between 2009 and early 2010, as well as long waits and uncertainty for Australian prospective adoptive parents.
  • The Australian Government has taken this difficult decision, in consultation with State and Territory Central Authorities.
  • The best interests and rights of children are the most important consideration for intercountry adoption programs.
  • The adoption environment in Ethiopia has become increasingly unpredictable, complex and uncertain, leaving many prospective Australian parents in limbo for years.
  • The Government has concluded that this uncertainty, combined with obstacles to operating the Program in a sustainable and ethical way into the future, means the Program needs to be closed.
  • The Australian Government has decided to close the Program at this time because it will not impact on any individual Ethiopian children as there are none currently referred to the Program.
  • The Australian Government will continue to support Ethiopia in ensuring that the rights of Ethiopian children are protected.
  • The Australian Government will also continue to support children adopted from Ethiopia and their families in maintaining their cultural links with Ethiopia.
  • Prospective adoptive parents who have paid fees to the Program will have their fees refunded in full. State and Territory Central Authorities will provide advice in relation to whether fees paid to them can be refunded.

Program update
The Ethiopia Program has consistently been Australia’s most complex and challenging program. Information gathered during the April/May 2012 delegation visit confirmed the significant challenges facing the Program.

Growing use of alternative forms of care for children in Ethiopia
Ethiopian children in need increasingly have alternative long-term care options made available to them in Ethiopia.
The Australian Government supports the Ethiopian Government’s efforts to pursue the best interests of their children by facilitating domestic adoptions, long-term foster care arrangements and assisting families in crisis.
Unfortunately for prospective adoptive parents outside Ethiopia, this means that it is likely that there will be fewer children referred for intercountry adoption. This makes the adoption environment challenging and unpredictable, resulting in lengthening waiting times and uncertainty in the adoption process.

Changes regarding children in need of adoption and increasing costs
Growing numbers of non-government adoption agencies operating in Ethiopia, and the closure of orphanages due to greater government scrutiny, has led to increased competition for referrals of Ethiopian children to intercountry adoption programs.
This environment makes it difficult for Australia’s Program to continue to operate in a sustainable and ethical manner.
Despite the best endeavours of the Program to manage its community development projects so that they meet both Ethiopian Government requirements and Australian Government standards, the changing environment will make this increasingly problematic in the future, placing additional strain on Program and Government resources.
The Australian Government is confident that, to date, the Program has operated in an ethical manner and it has no concerns in relation to children referred to the Program and adopted by Australian adoptive parents.
Rising costs for adoption program essentials (such as food and accommodation) mean that, if the program was to continue, prospective parents would also face increasing costs.

Arrangements with Service Provider
The Program and its service provider, Wide Horizons for Children, have come to the view that the changing conditions in Ethiopia mean that the volume of intercountry adoptions initially anticipated at the commencement of the arrangement is unlikely to be achieved.
Wide Horizons for Children has also advised that, in light of these changing circumstances, it has decided to partially reallocate its resources and shift more focus from adoptions to its humanitarian activities in Ethiopia.

As a result, the Program and Wide Horizons for Children have agreed to end their arrangement. Given the other issues confronting the Program, Australia will not replace the role of Wide Horizons for Children within the Program.

Donnerstag, 28. Juni 2012

Äthiopische Journalisten und Oppositionelle zu lebenslanger Haft verurteilt

Nach Presseberichten wurden Eskinder Nega, ein prominenter Journalist und Blogger, und Andualem Arage, ein Oppositionspolitiker, mit 22 anderen Äthiopiern zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Die Angeklagten wurden des Terrorismus schuldig gesprochen. Unter den Antiterrorgesetzen können Angeklagte auch zum Tode verurteilt werden.

Eskiner und Andualem wurden der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung und der Planung terroristischer Anschläge beschuldigt. Andualem wurde auch als Anführer einer terroristischen Vereinigung verurteilt.

Eskinder wurde letztes Jahr verhaftet, nachdem er in einem Artikel den Einfluss des arabischen Frühlings auf Äthiopien thematisierte und die Verhaftung von Äthiopiern nach den Antiterrorgesetzen infrage stellte.

Im Mai war Eskinder Nega mit dem "Freedom to Write" Preis von Pen America ausgezeichnet worden.

Zwei Seminare

Zwei Seminare für Adoptiveltern und Adoptionsinteressierte finden im Herbst statt:

Ein Seminar über Anstrengungsverweigerung am 16.09.2012 in Hannover von und mit Dr. Bettina Bonus.

"Die Anstrengungsverweigerung ist eine der häufigsten und gleichzeitig gravierendsten Folgeschäden einer Frühtraumatisierung. Sie reicht von kleinen Bequemlichkeiten über zu Leistungsverweigerungen in der Schule bis zur Unfähigkeit sich vernünftig die Haare zu waschen oder den Po abzuwischen. Bis heute wird diese Folge in andere Schubladen gesteckt, mal spricht man von "Faulheit", mal von "Lernbehinderung", mal von "geistiger Behinderung". Damit wird man den frühtraumatisierten Kindern aber nicht gerecht." Bettina Bonus
Das zweite Seminar ist eine Fachtagung von Eltern für Kinder am 07.09.2012 in Frankfurt. Die Vorträge umfassen:


"10 Jahre Hager Adoptionsübereinkommen"

Wolfgang Weitzel,
Leiter der Bundeszentralstelle
für Auslandsadoption Bonn


"Adoptionsvermittlung aus Sicht der Herkunftsländer"
Somporn Poosala
Friends for All Children, Bangkok,
Thailand


"Auslandsadoption im Wandel der Zeiten"
Professor Manfred Köhnlein,
Pädagogische Hochschule
Schwäbisch-Gmünd

"Kein Opfer des Zweifels"
Judith de Forrest Wilson
erwachsene Adoptierte

Montag, 25. Juni 2012

Waisenhaustourismus

In den letzten Jahren häufen sich Berichte über Waisenhaustourismus. Junge Menschen reisen in arme Länder um Gutes zu tun und verbringen häufig einige Wochen in Kinderheimen. Kritiker bemängeln, dass es dabei mehr um die Selbstverwirklichung der Teenager aus wohlhabenden Elternhäusern geht als um die Kinder, die dabei von ungeschulten und unbedarften jungen Menschen betreut werden. Vermittlerorganisationen berechnen hohe Gebühren für die Organisation solcher Reisen und haben ein großes Interesse an der Zugänglichkeit von Kinderheimen.

Auf Huffington Post erschien nun ein Bericht, der noch einen Schritt weiter geht. Am Beispiel Kambodscha argumentiert die Autorin, dass es Kinderheime gebe, die nur zum Zwecke der Anlockung reicher Touristen betrieben werden und hinter denen ein Geschäftsmodell von Spenden stecke. Süße, arme Waisen seien der Lockvogel für skrupelose Geschäfte. Zwar seien Adoptionen in Kambodscha verboten, aber Sextourismus ein großes Geschäft. Was den Kindern alles zustößt und zustoßen kein, sei völlig unkontrolliert, einschließlich illegale Adoptionen. Touristen können in die Kinderheime reinspazieren und gegen die entsprechende Spende mit Kindern Ausflüge unternehmen. In einem Land, in dem Sextourismus ein einträglicher Wirtschaftszweig ist, ein unerträglicher Gedanke.

Freitag, 22. Juni 2012

Wenn der Anker fehlt

In der Süddeutschen Zeitung vom 30.5.2012 erschien ein Interview mit Dr. Karl Heinz Brisch, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie am Dr.-von-Haunerschen-Kinderspital in München. Er spricht vom tiefen menschlichen Bedürfnis, die eigene Herkunft zu kennen.

Donnerstag, 21. Juni 2012

Motive

Was treibt euch eigentlich an, werden wir manchmal gefragt. Habt ihr so schlechte Erfahrungen gemacht? Und in einigen Kommentaren werden unsere Positionen und der Blog an sich mit Verbitterung erklärt.

Die Fragen sind interessant, denn sie unterstellen, dass nur "Geschädigte" sich jemals für die Verbesserung von nicht optimalen Verfahren einsetzen würden. Weit gefehlt. Als Beteiligte haben wir das derzeitige Adoptionsverfahren aus erster Hand erlebt. Wir haben dabei Beobachtungen und Erfahrungen gemacht, die uns zu Denken gegeben haben. Dazu gehören zum Beispiel:
  • Amerikanische Adoptivfamilien und Vermittlungsstellen in Äthiopien, die wesentliche Grundsätze der Adoptionsvermittlung verletzen und damit das gesamte System infrage stellen;
  • Ein laxer Umgang mit der Herkunftsfamilie und deren Verständnis von der Bedeutung der Adoption;
  • Die Vermittlung von verlassenen Kindern, deren Eltern leicht hätten gefunden werden können;
  • Das "Zurechtrücken" von Erinnerungen von Kindern an deren Familien;
  • Kinder, die von ihren Herkunftsfamilien in die Adoption 'geschickt' wurden, um Geldzahlungen zu erreichen;
  • Die Vermittlung von Kindern, deren Mütter einfach zu arm waren, um sie zu versorgen.
  • Eine fehlende Öffentlichkeit und Bereitschaft, sich mit Fehlentwicklungen auseinanderzusetzen.
Aus diesen Gründen beschäftigen wir uns mit ethischen Fragen in der Internationalen Adoption. Unsere eigenen Erfahrungen sind dabei fast unerheblich und sehr unterschiedlich. Das Adoptionsspektrum umfasst alles von rundherum glücklichen Kindern und harmonischen Familien bis zu nahezu zerbrochenen Familien und Kindern.

Man kann auch von dem "Ethikgehalt" des Vermittlungsverfahrens nicht auf den "Erfolg" der Adoption schliessen. Dubiose Vermittlungen müssen nicht zum Scheitern der Adoptivfamilie führen und ethische Verfahren garantieren noch nicht, dass die Adoptivfamilie glücklich wird. Vielmehr kann man eine Adoptionsgeschichte als eine Schicksalslotterie ansehen. In einigen Fällen ziehen die Familien und die Kinder das große Los. Ihre Bedürfnisse harmonieren miteinander und die Grundcharaktere der beteiligten Individuen sind miteinander kompatibel. In einer jedoch nicht zu unterschätzenden Minderheit gibt es massive Probleme aufgrund von Traumatisierungen aber auch Inkompatibilitäten. Adoptiveltern sind nicht auf das Maß der Probleme vorbereitet und verzweifeln an den Kindern. Manche Kinder wollen keine neue Familie in einem fernen Land sondern suchen an ihrer Heimat. Und die Mehrheit der Familien befindet sich irgendwo dazwischen. Dazu gehören viele Eltern, die zugeben, dass sie die Auswirkungen einer Adoption unterschätzt haben; die sich jedoch wieder so entscheiden würden. Das ganz normale Leben also.

All das soll jedoch nicht davon ablenken, dass die Verfahren heute ethische Mängel aufweisen. Darum soll es an dieser Stelle weiter gehen. Ungeachtet der persönlichen Betroffenheit.

Mittwoch, 20. Juni 2012

Human Rights Watch: Äthiopische Regierung vertreibt Stämme entlang des Omo Flusses

Human Rights Watch hat einen neuen Bericht über Landvertreibungen im Süden Äthiopiens veröffentlicht. Im unteren Omo Tal werden derzeit ganze Dörfer mit Gewalt von ihrem Land vertrieben, ohne dass ihnen alternative Lebensmöglichkeiten oder Schadensersatz angeboten wird. Regierungsbeamte haben Bewohner, die sich gegen die Umsiedlung wehrten, verhaftet und geschlagen.

Der Bericht "‘What Will Happen if Hunger Comes?’: Abuses against the Indigenous Peoples of Ethiopia’s Lower Omo Valley,” beschreibt im Detail, wie Umsiedlungen ohne Konsultationen oder Schadensersatz für die Entwicklung einer staatlichen Zuckerplantage mit über 100.000 Hektar kommerzieller Landwirtschaft vorangetrieben werden.


Quelle: Human Rights Watch © 2007 Brent Stirton/Reportage by Getty Images

Das untere Omo Tal ist eines der abgelegensten Gebiete auf dieser Erde. Dort leben ungefähr 200.000 Menschen in acht sehr unterschiedlichen Gemeinschaften. Ihre Lebensart und Identität ist direkt mit dem Land und dem Zugang zum Omo Fluss verwurzelt. Ihre Vertreibung zerstört nicht nur ihr Leben sondern auch eine eigene Kultur.

Der Bau der Zuckerplantage hängt mit der Errichtung des größten Damms in Afrika zusammen. Das  Gibe III Wasserkraftprojekt befindet sich auch am Omo. Die Zuckerplantage flussabwärts ist von dem Wasserzufluss abhängig. Bis heute gibt es keine ökologische oder soziale Folgenabschätzung des Gibe Damms.

Die Rechte der indigenen Völker sind von der äthiopischen Verfassung wie auch von UN Konventionen geschützt. Danach haben indigene Völker ein Eigentumsrecht an dem Land, das sie seit Jahrhunderten bebauen. Sie können dieses Land nur freiwillig gegen Schadensersatz aufgeben. In der Praxis hat die äthiopische Regierung diese Eigentumsrechte nicht anerkannt. Sie hat keinen Schritt unternommen, die Betroffenen zu konsultieren oder ihre Zustimmungen zu den Umsiedlungen zu erreichen.